Text Thomas Putze

Provokante Ironie

von Stefan Simon

War er vor vier Jahren noch ein unbekannter Kunststudent, so hat sich sein Bekanntheitsgrad gemäß dem Ausstellungsthema „Bis dato unbekannt“ nach seiner Aktion in Schwenningen enorm gesteigert. Putze hat damals mit einem Presslufthammer einen gebührenpflichtigen Parkplatz sachgemäß abgebaut und die Einzelteile in der benachbarten Städtischen Galerie ausgestellt.

Für Überraschungen sorgt er nun im Trossinger Hohnerareal. Der Kunstverein Trossingen stellt dort seine „Installalation“ aus. Der Kurator Ferdinand Messner meint anlässlich der Irritationen, die die Kunstprojekte Putzes auslösen, man müsse dankbar sein, wenn man mit einer solchen, im Vergleich zur alltäglichen Realität und zur Medienwirklichkeit geradezu harmlosen Präsentation überhaupt noch Dispute auslösen könne.

Aber was ist nun so provokant an den Arbeiten? Zum einen sicherlich ihre zumindest vordergründige „Kunstlosigkeit“, also das, was Jürgen Knubben in seinem Katalogtext mit „Poesie des Banalen“ umschreibt. Putze nimmt Objekte, die jeder Normalbürger achtlos links liegen lassen würde, um daraus ein neues, eigenständiges Kunstwerk zu erschaffen.

Ein zweiter Aspekt, der provozieren mag, ist eine Erweiterung des Kunstbegriffs. Diese offenbart sich in der Trossinger Ausstellung sowohl im Raumbezug und der Interaktivität, aber auch in der Einbeziehung von Gegenständen und gegenständlichen Skulpturen sowie des Betrachters und des Künstlers selbst. Und gerade deshalb passt diese Art von Kunst in diesen Raum mit dem morbiden Charme. Der Raum dient somit nicht als Ausstellungsraum für Kunstwerke, er ist nicht beliebig und austauschbar, sondern fester und unabdingbarer Bestandteil des Kunstwerks. Putzes Werk aus vorgefundenem Material, von Rohren über Heizkörper bis hin zu Leitern, und selbst gefertigten Skulpturen ist somit in erhöhtem Maß variabel und beobachterabhängig.

Mit seiner Bewegungs- und Klanginstallation ging Thomas Putze als „Ritter der seltsamen Gestalt“ bei der Vernissage sogar noch darüber hinaus. Wer die Performance verpasst hat, wird der Besonderheit der Installalation von Thomas Putze bei der Lektüre seines wie gewohnt humorigen Textbeitrags bewusst. Er beschreibt darin, wie durch einen unbeabsichtigten Schreibfehler, ein „la“ zuviel im Wort Installation, aus einem Installateur ein Installationskünstler wird. Der für die zeitgenössische Kunst zentrale Unterschied zwischen Handwerker und Künstler besteht demnach darin, dass das Handwerk einem Zweck dient, wie beispielsweise Bedürfnisse befriedigen und Geld verdienen, den der Handwerker selbst aber nicht reflektiert. Die moderne Kunst ist demgegenüber eine selbstzweckhafte Tätigkeit, die vom Künstler ausgeführt wird, weil er ihre Sinnhaftigkeit erkannt hat.

Sogar ein dritter Aspekt von Thomas Putzes Arbeit lässt sich aus ihrem Titel ableiten, nämlich derjenige der Selbstreflexion und Selbstironie: Putze nimmt seine eigene künstlerische Tätigkeit nämlich nie bierernst.

© Stefan Simon, 18.6.2005