Text Hubert Rieber

Der Mensch ist sein Thema

von Stefan Simon

Was haben der Joseph-von-Fraunhofer-Preis aus Aluminium, der von der Fraunhofergesellschaft weltweit an Mitarbeiter für herausragende wissenschaftliche Leistungen verliehen wird, ein mit Blattgold verzierter Schokoladen-Nikolaus, die Klaus-Jürgen Wussow Gedenktafel in der Nachsorgeklinik Tannheim und die Altarraumgestaltung in der Kirche in Wildgutach miteinander zu tun? Bei allen Gestaltungen zeichnet der Furtwanger Künstler Hubert Rieber verantwortlich, der eigentlich seit Jahrzehnten, und nicht nur hier in der Region, für etwas ganz anderes bekannt ist: für seine Figuren, Köpfe und Stelen.

Schon 1981 hat ihn das Kunstmagazin „art“ in seiner Titelgeschichte unter dem Thema „Plastik: Neuer Trend mit Tradition“ mit dem großen deutschen Bildhauer Tilman Riemenschneider in Verbindung gebracht. Damals hat Rieber noch sehr gegenständlich gearbeitet, aber schon mit der faszinierenden Oberflächenbehandlung seiner Skulpturen.

Zwei Jahrzehnte später, Rieber ist seinem Thema „Menschen als Existenzen“ stets treu geblieben, erscheinen seine Menschenbildnisse auf´s Wesentliche reduziert. Die Jury bei der „Internationalen Skulpturen Biennale 2001“ im japanischen Hokkaido war von diesen schlichten, prägnanten Arbeiten überzeugt und verlieh dem Schwarzwälder den hochdotierten Großen Kunstpreis. Sicherlich kein Grund für den Furtwanger die Bodenhaftung zu verlieren. Er bezeichnet die frühe Anerkennung in dem Kunstmagazin oder die Auszeichnung mit dem renommierten Kunstpreis eher als „Mosaiksteine“.

Wann ist das Mosaik nun fertig? Wenn man den Bildhauer in seinem Atelier besucht, dann hat man den Eindruck, dass da noch etliche Steine zusammen kommen werden. Der Bildhauer wird in diesem Jahr 63 Jahre alt. Ein Alter, bei dem sich andere langsam aus dem Berufsleben zurückziehen und sich im besten Falle ihren Hobbies widmen. Für ernsthafte Künstler gilt dies natürlich nicht. Rieber hat zum Beispiel schon ganz konkrete Pläne für Kunst-am-Bau-Projekte und er auch schon Ideen, wie er seine Figuren und Köpfe noch weiter reduzieren kann.

Beim Gespräch mit dem Künstler inmitten seiner Wesen gibt es viel zu entdecken. Man kann beispielsweise fasziniert von der handwerklichen Qualität, von der ausgereiften Technik sein. Denn gerade diese handwerkliche Solidität ist ein Markenzeichen der Rieberschen Kunst, sie ist das Fundament für die formale Einzigartigkeit der Werke.

Man kann aber auch fasziniert von dem strengen Formenkanon und dem damit erzielten Ausdruck sein. Rieber hat sich bei den Köpfen, Kopfstelen und Figuren zwar weitestgehend vom Naturvorbild entfernt, der frühere Realismus ist einer sehr nüchternen, reduzierten und prägnanten Formensprache gewichen, aber durch die Beschränkung auf das Wesentliche wird das behandelte Thema umso intensiver deutlich. Hierin ist Riebers Werk durchaus selbst- und gesellschaftskritisch. Rieber reduziert den Menschen auf seinen Kopf. Daraus entwickelt er verschiedene Grundformen, die zur Maske und zum Helm mutieren oder sich gar zum Januskopf verdoppeln können. Riebers aktuelle Skulpturen rücken noch mehr als seine frühen figurativen in die Nähe von Denkmälern: sie Erinnern ohne Umwege an den Menschen, sein Verschwinden und letztlich an seine Endlichkeit.

An diese Endlichkeit erinnern auch viele seiner Metallskulpturen für den öffentlichen Raum. Das Metall setzt im Laufe der Zeit eine ästhetische Rostpatina an. In vielen Städten und Gemeinden – erst im Dezember wurde eine Figurengruppe in Niedereschach platziert – stehen die Metallskulpturen.

Eine Auswahl aktuellster Stahlarbeiten kann man übrigens nun in herrlicher Umgebung am Luganer See besichtigen. In dem 30000 Quadratmeter großen subtropischen Park der Hotelanlage Parco San Marco am östlichen Ende des Sees geht das Kunstschöne bei der Ausstellung „Begegnungen“ eine eindrucksvolle Symbiose mit dem Naturschönen ein.

© Stefan Simon, 14.3.2008