Text Hermann Simon

Ausdruck im Holzschnitt

von Stefan Simon

In tiefen Furchen gräbt sich die Individualität jeden Holzes in die Schnitte von Hermann Simon, gerinnt jedes Werk zum Zeugnis der Inspiration durch die jeweilige Holzmaserung: Der  Künstler ist ein Beobachter, ein exzellenter Techniker. Er erahnt die Gegenständlichkeit, die sein Material ihm bietet.  Zentrales Thema ist der Mensch in seinen verschiedenen Aktivitäts- und Emotionsfacetten, aber auch Tiere spielen bei Simon, dem Natur- und Tierfreund, eine herausragende Rolle. So bilden insbesondere Krähen eine eigene Motivgruppe. In einer von Malerei und Skulpturen dominierten Kunstlandschaft führen Holzschnitte ein Eremitendasein und bahnen sich allein deshalb schon einen Weg zur Öffentlichkeitswirkung. Doch die Holzschnitte von Hermann Simon offenbaren in ihrer außergewöhnlichen Qualität erst die technische Vielfalt, den künstlerischen Gestaltungsspielraum und ein perfektes Wechselspiel zwischen Holzmaserung und Bilderzählung.

Jedes Exponat besticht durch eine andere Technik mit Messer, Geißfuß und Kehleisen, bildet eine andere Flächigkeit und Dynamik ab. Mit akribischer, perfektionistischer Sauberkeit ist jeder Schnitt platziert, immer in Rücksichtnahme auf die Struktur und Linienführung des Holzes. Mit bloßen Querschnitten erzeugt er in ihrer Anordnung eine mitreißende Dynamik, schafft Tiefenwirkung allein durch die verschiedenen Schnitttechniken, lässt der Maserung aber stets den Vortritt, sich als Leitstruktur zu präsentieren.

Sozialkritisch ohne Zeigefinger,  doch nicht ohne Leichtigkeit erzählen die Schnitte Zeittypisches, bilden Momentaufnahmen, porträtieren und dokumentieren die in der Schwarz-Weiß-Typik der Holzschnitte implementierte Dualität zwischen Sieg und Niederlage, Schaubühne und Hintergrund. 

© Stefan Simon 1.10.1998